24. November 2023 - 12. Januar 2023

Das digitale Zeitalter schafft unendlich viel Freiraum, und zwar mit einem Tab nach dem anderen. Wie sollten wir auf diese Macht antworten?

Die technologische Revolution hat eine Flut von Innovationen und Zukunftserwartungen ausgelöst, sowohl in der Wissenschaft als auch in der Kunst. Von den alltäglichen Aspekten unseres Lebens bis hin zur Organisation unserer Produktionsketten hat die moderne Technologie die Gesellschaft auf allen Ebenen umstrukturiert.

Die jüngsten technologischen Veränderungen folgen zwar einem historischen Pfad, zeigen aber eine noch nie dagewesene Beschleunigung in Bezug auf ihre Macht und ihre Umsetzung. Angesichts dieser Beschleunigung müssen wir zunehmend neu darüber nachdenken, wie wir mit der Welt interagieren und miteinander umgehen. All diese Veränderungen können sich überwältigend anfühlen, da sich Daten ansammeln, ausbreiten und vervielfältigen und sich zu einem nicht greifbaren Netz von Verbindungen verzweigen, während sie gleichzeitig den ökologischen Zerfall beschleunigen. In jüngster Zeit hat das Aufkommen der generativen Künstlichen Intelligenz den Begriff der Autorenschaft ins Wanken gebracht und die Rolle des Künstlers in der modernen Gesellschaft in Frage gestellt.

Doch die moderne Technologie kann auch viele Möglichkeiten für Kreativität bieten. Das Aufkommen der Kamera hat der Kunst kein Ende gesetzt, sondern uns vielmehr dazu gebracht, unsere Wertvorstellungen von künstlerischem Schaffen zu überdenken, und gleichzeitig neue Ausdrucksmöglichkeiten für Künstler eröffnet. Und trotz der Intensität des modernen Lebens kann die digitale Technologie auch in der Kunst zu neuen und beeindruckenden Begegnungen führen, wenn die Überwältigung ins Erhabene kanalisiert wird.

Diese Ausstellung zeigt Werke von Kunstschaffenden aus Berlin und Dundee, Schottland. Die Arbeiten befassen sich mit moderner Technologie als Thema oder als Werkzeug für künstlerisches Schaffen und bringen unterschiedliche Haltungen gegenüber dem digitalen Zeitalter zum Ausdruck.

Wie ein roter Faden zieht sich die Assemblage durch die Ausstellung, um im Chaos des modernen Lebens einen Sinn zu finden. Das Kollektiv drain.land nutzt die digitale Collage, um disparate Elemente unserer Informationslandschaft in einem endlosen digitalen Höhlensystem zusammenzuführen. Joana Lucas kombiniert digitale Manipulation und Malerei, um ätherische Landschaften zu schaffen. Sieglinde Obexer schafft halbabstrakte Kompositionen, indem sie Nahaufnahmen verschiedener Mechanismen zusammenbringt und den Betrachter mit der reinen Ästhetik unseres technologischen Apparats konfrontiert. Wie Eleanor Oliver ihre Bildtransfers beschreibt, kann die Assemblage helfen, "eine Synthese in unserer überwältigenden Medienlandschaft zu finden".

Eine weitere Frage, die sich durch die gesamte Ausstellung zieht, ist die Rolle der verschiedenen künstlerischen Medien im digitalen Zeitalter. In LeafyGAN setzt sich Samuel Davies mit der generativen KI auseinander, indem er seinen eigenen Datensatz aus eingescannten Blättern erstellt und so ein Gefühl der Autor*innenschaft in Bezug auf die von der KI generierte Kunst findet. drain.land verwendet Code als künstlerisches Medium, da HTML-Seiten glitch, sich verzweigen und sich selbst wiederholen.

In anderen Werken wird die Rolle der künstlerischen Hand bekräftigt, was das allgemeine Wiederaufleben der traditionellen Medien seit den 1990er Jahren widerspiegelt. Dies könnte als bodenständiges Gegengewicht zur Entfremdung durch die moderne Technologie verstanden werden, der es laut Byung-Chul Han an "zeitlicher Stabilität" mangelt. Mathieu Cardosi greift in seinen Darstellungen verlassener Gebäude auf die romantische Malerei zurück, in der technische Infrastruktur und Natur zu einer Einheit werden. Joana Lucas und Sieglinde Obexer verwenden in ihren Arbeiten ebenfalls die Malerei und reflektieren darüber, wie traditionelle Medien immer noch genutzt werden können, um auf unsere digitalisierte Welt zu reagieren. Maria Korporal verbindet das Digitale mit dem Analogen und erforscht, wie traditionelle Kunst mit dem Virtuellen interagieren kann, indem sie ihre Kohlezeichnungen durch Augmented Reality zum Leben erweckt.

Damit sind wir wieder bei dem Begriff der Synthese angelangt. Insgesamt drücken die Werke in dieser Ausstellung ein Gefühl der Bewunderung gegenüber unserem digitalen Apparat und der überwältigenden Macht der modernen Technologie aus. Sie streben nach Klarheit, indem sie unsere schiere Menge an Daten in eine ästhetische Form bringen. Angesichts der zunehmenden Automatisierung bedeutet das Schaffen von Kunst, dass wir uns selbst als Subjekte bestätigen, die immer noch neugierig und offen für die Welt sind. In diesem Sinne hilft die Kunst, sich mit der Überwältigung unserer Zeit durch Erhabenheit auseinanderzusetzen, um Schönheit zu schaffen und inmitten des Chaos nach Sinn zu suchen.

Teilnehmende Künstler/innen:

Mathieu Cardosi

Samuel Davies

drain.land

Maria Korporal

Joana Lucas

Sieglinde Obexer

Eleanor Oliver

 

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